Freilandarchiv historischer Rebsorten

Artikel der Frankfurter Neuen Presse vom 29.6.2024. Abegrufen am 9.7.2024   https://www.fnp.de/lokales/wetteraukreis/freilandarchiv-historischer-rebsorten-93149131.html

Ein Stück Vergangenheit soll in Ortenberg wieder lebendig werden. Jahrhundertelang bildete der Weinbau in der Region einen wichtigen Wirtschaftszweig. Nun legt man wieder einen Weinberg an.

D er Bescheid ist da - und damit die Zusage, dass die Stadt Ortenberg als Antragstellerin aus dem LEADER-Förderprogramm rund 20 000 Euro Förderung - die Gesamtkosten betragen 30 000 Euro - bekommt. Diese sind für das Projekt »Weinberg Jakobsäcker« vorgesehen. Spatenstich und Bescheidübergabe sind für Donnerstag, 27. Juni, um 16 Uhr vor Ort geplant.

Der Weinberg wird Bestandteil der Interkommunalen Landesgartenschau Oberhessen 2027 (LGS) sein. Seine Betreuung obliegt dem Obst- und Gartenbauverein Ortenberg (OGV). Mit der Neuanpflanzung soll nicht nur an die ältesten Nachweise in Europa für das Vorkommen der Weinrebe im Vogelsberg und der Wetterau vor 18 Millionen Jahren erinnert werden. Man will auch nachhaltig einen Beitrag zum Aufbau eines Archivs historischer Rebsorten der Region leisten.

Der Boden ist bereitet. An den Rebstöcken sprießt bereits das erste Grün. Viel Vorarbeit war nötig für alle, die die Tradition des Weinbaus wiederbeleben wollen. Einst rankten sich Reben an den von der Sonne beschienenen Hängen von Wippenbach bis Lißberg. Bis heute weisen Straßenbezeichnungen darauf hin, etwa In den Wingerten oder Weinbergstraße. Die Idee für den neuen Weinberg hatten zehn ehrenamtliche Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins auf den Weg gebracht. Federführend dabei Dr. Bernd Vielsmeier aus Eckartsborn und seine Frau Maria, die in einer Weinbaufamilie aufgewachsen ist.

2500 Quadratmeter groß ist das Areal an der Kreisstraße 218 zwischen Selters und Wippenbach, wo bereits die ersten rund 150 Weinstöcke gesetzt sind. Otfried Herling, Berater für Projekte der Stadtentwicklung in Ortenberg, hat die Daten und Fakten in einer Power-Point-Präsentation für den LEADER-Förderantrag zusammengefasst. Nicht zuletzt musste bei diesem Antrag die Untere Naturschutzbehörde ihr Okay geben, sagt der Fachmann. Grenzt doch das Weinbergareal an das Naturschutzgebiet »Salzwiesen und Weinberg von Selters«. Die Behörden haben die notwendige Genehmigung aber erteilt.

Nachhaltiger Wert über Schau hinaus

Für Ortenbergs Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring zeigt das Projekt »viel Bürgerengagement, das einen nachhaltigen Wert über die interkommunale Landesgartenschau hinaus haben kann«. Auch Otfried Herling ist über die Zusage der Fördermittel erfreut. Nicht zuletzt sind sich alle an dem Projekt Beteiligten einig, dass der Weinberg zusammen mit dem seit 2023 für die Öffentlichkeit wieder zugänglichen sanierten Kloster Konradsdorf als neuem exponierten Besucherziel in der Region und dem NABU-Informations- und Mitmachzentrum »Haus an den Salzwiesen« ein touristischer Magnet der LGS sein wird.

Ein Anliegen des Teams ist darüber hinaus: Die nachhaltige Wirkung der »Jakobsäcker« zu betonen. Der Name des benachbarten Flurstücks »Jakobsäcker«, so Bernd Vielsmeier, »ist nicht von ungefähr für den Weinberg gewählt«. Denn: »Die Jakobstraube reift als eine der frühesten bereits Ende Juli, Anfang August. Sie gilt als sehr widerstandsfähig. Man kennt ihren Wein unter der Bezeichnung Pinot Madeleine, etwa aus der Pfalz.« Die Pfalz ist die Heimat von Maria Vielsmeier. Als Tochter einer Winzerfamilie empfiehlt sie, am Ende der Rebzeilen Rosen anzupflanzen: als vorzeitige Warnmelder vor Mehltau.«

Viel Wissenswertes mehr: am Donnerstag ab 16 Uhr vor Ort mit »Worscht, Weck und Woi« beim Spatenstich für Ortenbergs erstes sichtbares Projekt zur Landesgartenschau.